The Matter of Metadata: Archivalische Konstrukte zwischen Karteikarte und KI
Wenn Metadaten als Gegenstand verstanden werden, genauso wie ihre Prozesse, ihre Infrastrukturen, und ihre Konsequenzen, dann kann man aus den menschlich-gemachten Informationen aus gesammelten Gegenständen Techniken für deren virtuelle Erschließung lernen. Nicht nur, welche Parameter wie in welche Datenbanken eingepflegt werden müssen, sondern vor allem, welche Metadaten welche Forschungsschwerpunkte fördern und verhindern; welche Technik der Wissensübertragung in Kataloge und Wissenssysteme blind spots erzeugt oder zu Erosionen und Auslassungen führt. Denn die Metadaten sind bis heute das Interface des Archivs, das, was man zu sehen bekommt (und was überhaupt sichtbar ist) für Nutzer*innen. Jeder Bias, jede Wertebildung, die bereits in den Systemen der Archive festgeschrieben ist, wird notwendigerweise in daten-generierenden KI Lösungen (sei es für Digitalisierungen oder Erschließung) nicht nur abgebildet, sondern mit deren bereits bestehendem Bias (aus Datenpools und Programmierung) überlagern. Nur wenn also materielle Techniken und die spezifische archivalisch-wertenden Biographie des Archivs kritisch hinterfragt werden, können blind spots sichtbar werden - und anders angegangen werden, wenn die Transposition in KI Erfassungen erfolgt. Mit Nachlässen regionaler Architekt*innen von internationaler Bedeutung kann das saai Material, Toolkit und Experimentierfeld mit Strahlkraft in die Wissensgenese von Architektur und Ingenieurtechnik werden.
Das Projekt wird auf zwei Säulen gestellt: eine archivalisch-materielle und eine medial-institutionelle. Erstere untersucht als “Close Up”, die ausgewählte Archivalien im saai Archiv hinsichtlich ihrer Materialität und ihrer Rolle in der Metadatenproduktion im Archiv, also zum Beispiel Annotationen, Karteikarten oder Sortierlogiken in Ordnern und Mappen. Diese Case-Studies werden die Grundlagen für ein materielles Verständnis von Metadaten als materiell-mediale Praxis legen und die Relevanz der Prozesse des Archivierens für die Objekte und deren Rezeption aufzeigen. Die zweite, als “Weitwinkel”-Perspektive, wird die Prozesse der Institutionalisierung von Archivalien und deren medialer Wirkung aus dem Archiv in die Gesellschaft untersuchen. Dies wird archivalische Praktiken und Politiken in Architektursammlungen an deutschsprachigen Technischen Universitäten wie dem saai über längere Zeiträume und inter-institutionell aufzeigen.
Beide Säulen bilden wiederum mit neu aufgesetzten daten-technologischen Projekt des Strategiefonds des KIT Präsidenten eine Einheit, das mit Hintergrund in Computer Sciences und Digital Humanities die Frage der Metadatengenese und digitally born archives als praxeologische Frage untersuchen und alternative Instrumente und Werkzeuge entwickeln und testen.